Let's real talk

Ich sehe viele Dinge die heutzutage angeboten werden sehr kritisch und finde sie unnötig. Oder haben Dir Deine ganzen Selbstfindungsbücher bis jetzt wirklich geholfen? 

These

„Wenn die Eltern atmen –
warum Kinder keine speziellen Entspannungskurse brauchen.“

Ich wurde das letzte Mal gefragt nach einem Tiefen-Entspannungskurs, den ich gegeben habe: Sag mal, bietest du solche Kurse auch für Kinder an?

Und ich sage nein. Die sind nur für die Erwachsenen, für die Eltern.

Aber das wäre doch auch eine schöne Sache für die Kinder, damit sie auch etwas entspannter sind. Vielleicht hätten die auch ein Interesse daran.

Meine Antwort: Das stimmt, nur müssen sich die Kinder in solchen Kursen eigentlich nicht entspannen. Denn wenn sie entspannte Eltern haben, sind sie selbst auch viel entspannter.

Was fühlst Du bei meiner Antwort? Stimmst Du zu oder bist Du schockiert?

Kinder müssen (meist) nicht „entspannen“. Sie brauchen regulierte Erwachsene.

Babys und Kinder fangen Stress von ihren Bezugspersonen – messbar im Körper. In Experimenten synchronisierten sich die Stressreaktionen von Müttern und Säuglingen: Erhöhte Anspannung der Mutter ging mit physiologischen Veränderungen beim Kind einher („Stress-Ansteckung“). Das ist kein Bauchgefühl, sondern Forschung aus Entwicklungs- und Biopsychologie.
Schon pränatal zeigt sich der Effekt: Mütterlicher Stress in der Schwangerschaft steht mit veränderten Cortisol-Mustern bei Kindern Jahre später in Verbindung. Auch mütterliche Kindheitstraumata hinterlassen Spuren in der langfristigen Cortisol-Belastung von Mutter und Säugling. Kurz: Stress ist (bio)sozial übertragbar.


Was das praktisch heißt

Wenn Erwachsene dauerhaft im Funktionsmodus sind, spüren Kinder das – selbst ohne Worte. Studien verknüpfen elterlichen Stress und Burnout mit mehr emotionalen und Verhaltensproblemen bei Kindern sowie mit belasteteren Familiendynamiken. Anders gesagt: Eltern sind der stärkste „Regulationshebel“ im Familiensystem.
Die gute Nachricht: Arbeit an der elterlichen Selbstregulation wirkt durch die Hintertür beim Kind. Mindful-Parenting-Programme reduzieren nachweislich elterlichen Stress, verbessern Interaktionen – und gehen mit weniger Problemverhalten der Kinder einher.


„Aber sollten Kinder nicht auch Entspannung lernen?“

Natürlich kann es sinnvoll sein, Kindern spielerische Ruhe-Rituale beizubringen. Nur: Ohne regulierte Bezugspersonen kippt das Angebot schnell ins Pflichtprogramm – und Kinder reagieren weniger darauf, wenn die elterliche Grundanspannung hoch ist. Forschung zeigt, dass die Fähigkeit von Eltern, kindliche Stressreaktionen zu dämpfen, stark von ihren eigenen Merkmalen und Zuständen abhängt.


Unsere Aussage – zugespitzt
„Wenn Eltern sich entspannen, entspannen sich Kinder mit.“
Das klingt provokant – aber es trifft den Kern: Statt primär Kinder-Entspannungsprogramme anzubieten, sollte der Blick zuerst auf das Eltern- bzw. Familiensystem gehen. Denn dort entsteht die Wirkungskette:
Elternregulation → ruhigerer Elternzustand → kohärenteres Familiensystem → entspannteres Kind.
Wer direkt beim Kind ansetzt, ohne die Quelle (die Eltern) mit einzubeziehen, riskiert, Symptome zwar zu lindern – aber nicht die Ursache zu verändern.

Theoretische Hintergründe im Überblick
  • Stressübertragung: Elternstress beeinflusst Kinder direkt. Studien zeigen u.a., wie elterlicher Stress mit gestörter Eltern-Kind-Interaktion oder mehr Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern zusammenhängt.

  • Eltern-Selbstregulation als Hebel: Achtsames Erleben und Regulieren der eigenen Emotionen führt zu wärmerem, reaktionsschnellerem Elternverhalten.

  • Kinder brauchen keine Entspannungs-To-Do-Liste: Kinder sind oft natürlicher im Atmen, Spielen, Fühlen – das Problem liegt nicht primär bei ihnen, sondern im elterlichen Umfeld.


Praxistipps für Eltern – der Einstieg
  1. Eigene Physiologie zuerst: 3× täglich 60-Sekunden Atemfenster (z. B. 4-6-Atmung). Mini-Interventionen für Dich wirken stärker, als „noch ein Kurs fürs Kind“.

  2. Mikro-Rituale statt Maxi-Programme: Feste Übergänge mit kurz gemeinsamem Check-in (z. B. Hand-auf-Hand, Augenblick Stille). Kinder brauchen verlässliche Ko-Regulation.

  3. Mindful Parenting – evidenzbasiert starten: 8-wöchige Formate (online oder offline) senken Elternstress und verbessern Eltern-Kind-Interaktion; starte auch mit 10 Minuten pro Tag.

  4. Medien: Qualität vor Quantität: Bildschirm als „Ruheknopf“ ist trügerisch – besser bewusstes Co-Viewing + Austausch danach.

  5. Burnout-Signale ernst nehmen: Erschöpfung, Zynismus, „nur noch funktionieren“ sind Warnzeichen. Früh handeln: Entlastung, Selbstfürsorge, Netzwerke.

  6. Schutzfaktoren aufbauen: Gute Schlafhygiene, soziale Unterstützung, Bewegung – evolutionspsychologisch plausibel & klinisch sinnvoll.


Abschluss & Einladung

Was fühlst Du bei dieser Perspektive? Stimmst Du zu – oder bist Du eher schockiert? Wenn Du Lust hast, begleite ich Dich gern auf dem Weg:

  • Variante A: Mindful-Parenting-Kurs – Wir starten bei Dir, damit Deine Kinder automatisch profitieren.

  • Variante B: Firmen-Seminar Stress & Führung – Für Führungskräfte, die erkannt haben: Entspannte Mitarbeitende starten bei entspannter Führungskraft.

 

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